Der Lehrberuf ist nicht das Richtige für dich, du fühlst dich bei deiner Lehrstelle unwohl oder musst aus privaten Gründen deine Lehre abbrechen? Ein Lehrabbruch kann unterschiedliche Beweggründe haben und ist nicht gleich das Ende deiner Karriere. Mit einem guten Plan und gründlicher Vorbereitung stehen dir auch nach dem Lehrabbruch noch einige Optionen offen. Wir zeigen dir welche Alternativen du vor und nach einem Lehrabbruch hast und wie du mit Herausforderungen während der Lehrzeit umgehst!
Gründe
Wichtig ist, dass du keine übereilten Entscheidungen triffst. Es wird Dinge an der Lehre geben, die dir nicht gefallen, jedoch sind nicht alle Schwierigkeiten gleich ein Grund zum Abbruch, sondern können vorher gelöst werden.
1. Ich finde meine Lehre nicht mehr spannend
Wenn du während deiner Lehrzeit merkst, dass dir deine ausgewählte Lehre gar keinen Spaß macht und du dich nicht in diesem Beruf in Zukunft siehst, solltest du dir die Frage stellen, ob dir genau dieser Beruf nicht gefällt oder die ganze Branche deine Erwartungen nicht erfüllt. Falls dir der Lehrberuf an sich nicht mehr gefällt, du aber trotzdem an der Branche interessiert bist, kannst du dich nach verwandten Lehrberufen umsehen, die vielleicht besser zu dir passen. In vielen Fällen kannst du zu einem verwandten Lehrberuf wechseln und dir vieles anrechnen lassen. Wenn dir die Branche aber auch nicht gefällt und du etwas komplett Neues starten willst, kannst du dich erstmal nach anderen Lehrberufen erkundigen, vielleicht passt ein anderer Lehrberuf viel besser zu dir?
#hokifyexpertentipp: Wenn dir das Interesse und die Motivation für deine Lehre fehlt, hast du vielleicht noch nicht die passende Lehre für dich gefunden. Frage deine Lehrausbilder oder Lehrerinnen in der Berufsschule welche anderen Lehren gute Optionen wären oder mache eine Berufsberatung in den BerufsInfoZentren des AMS.
2. Ich fühle mich unwohl in der Berufsschule oder im Betrieb
Mobbing in der Berufsschule oder Probleme im Betrieb kommen leider auch manchmal vor und sind wesentliche Gründe, eine Lehre abbrechen zu wollen. Bevor du dich aber endgültig dazu entscheidest, die Lehre abzubrechen, solltest du versuchen, die Probleme anders wertig zu lösen. Dabei gibt es viele Anlaufstellen, die dir weiterhelfen und dich beraten können. Zunächst ist es wichtig, dass du mit einer Vertrauensperson darüber sprichst, diese muss nicht im Betrieb arbeiten oder Teil der Berufsschule sein. Außenstehende Personen haben oft eine andere Perspektive auf deine Situation und können dir mit Ratschlägen und Unterstützung weiterhelfen. Falls du dich von anderen Lehrlingen schlecht behandelt fühlst, kannst du dich an eine Lehrperson oder eine Vertrauensperson im Betrieb wenden.
Hast du hingegen Probleme im Betrieb oder wirst schlecht behandelt, kannst du dich auf deinen Vertrag berufen. In deinem Lehrlingsvertrag ist nämlich dein Recht “von Mobbing, Gefährdung und sonstigen Gefahren geschützt zu werden” explizit genannt. Wird dieses Recht gebrochen, kannst du dich bei den Lehrlingsstelen der WKO beschweren und nach Hilfe und einer Beratung fragen.
3. Ich habe Schwierigkeiten und Probleme mit dem Lernaufwand
In der Berufsschule lernen und gleichzeitig im Betrieb arbeiten ist nicht nur zeitintensiv, sondern kostet dich auch viel Energie und Nerven. Wenn du dich in der Situation befindest, dass du in der Berufsschule mit den Noten hinterher hängst oder dich bei der Arbeit überfordert fühlst, musst du nicht gleich an einen Lehrabbruch denken. Wende dich erst an deine Lehrerinnen in der Berufsschule oder deinen Lehrberechtigten und schildere ihnen deine Situation. Oft sind sie sehr verständnisvoll und kümmern sich darum, dir so gut es geht weiterzuhelfen. Falls du extra Unterstützung brauchst, bietet die Wirtschaftskammer verschiedene Initiativen und Förderungen für Lehrlinge an. Brauchst du zum Beispiel Hilfe in der Berufsschule aufgrund von negativen Noten oder Ergebnissen, kannst du Nachhilfe in Berufsschulfächern nehmen - die Kosten dafür werden von der WKO übernommen.
4. Private Probleme
Stress zu Hause oder mentale Probleme können dir deinen Lehrlingsalltag erschweren und dich dazu bringen, einen Lehrabbruch in Erwägung zu ziehen. Doch auch für diese Probleme gibt es Hilfe und Beratungen, die einen Lehrabbruch verhindern können. Eine kostenlose und vertrauliche Option für Beratung ist die Initiative “Lehre statt Leere”. Du kannst dich entweder telefonisch, per Mail oder persönlich melden und ganz unverbindlich ein Erstgespräch führen, bevor du entscheidest, ob dir die Beratung weiterhilft und du ein Coaching in Anspruch nehmen willst. Außerdem steht dir in Österreich auch die Option offen, bis zum 18ten Lebensjahr eine kostenlose Therapie zu besuchen - die Kosten für die Therapie übernehmen, bis zum 18ten Lebensjahr, die österreichischen Krankenkassen. Auf jugendberatung.at kannst du dich über die verschiedenen Therapie- und Beratungsmöglichkeiten schlau machen.
#hokifyexpertentipp: Professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein ganz normaler Prozess, auf den immer mehr Menschen zurückgreifen. Therapeutinnen, Beraterinnen und Coaches sind erfahren und ausgebildet darin, in schwierigen Situationen Beistand zu leisten und können dir so die bestmögliche Hilfe bieten.
Zeitpunkt des Abbruchs
Bist du fest entschlossen deine Lehre abzubrechen, spielt es eine wichtige Rolle, wann du deine Lehre beendest. Ob du schon in der Probezeit oder gegen Ende deiner Lehre aufhörst, beeinflusst nämlich deine zukünftigen Möglichkeiten.
Abbruch der Lehre während Probezeit
Beschließt du schon während der Probezeit, dass diese Lehre oder die Lehre an sich nichts für dich ist, kannst du problemlos abbrechen. Während einer (meist) dreimonatigen Probezeit steht es nämlich sowohl dir, als auch deinem Lehrbetrieb zu, jederzeit zu kündigen, ohne einen Grund nennen zu müssen.
Brichst du während deiner Probezeit ab, stehen dir diese Wege für deine weitere Ausbildung offen:
Eine andere oder verwandte Lehre starten
Schule (AHS, BHS, BMS - Voraussetzung ist eine positiv erfüllte Schulpflicht)
Kurzausbildungen und Spezialausbildungen wie z.B. Rettungssanitäterin
#hokifyerklärt: Ein Lehrabbruch muss immer schriftlich erfolgen, egal wann du diesen vornimmst. Wenn du also während deiner Probezeit aufhören willst, musst du zwar keinen Grund nennen, aber trotzdem schriftlich dein Lehrverhältnis abbrechen. Für minderjährige Lehrlinge muss der Abbruch des Lehrverhältnisses zusätzlich noch von den Erziehungsberechtigten unterschrieben werden.
Abbruch während der Lehrzeit
Im Gegensatz zur Probezeit musst du, wenn du dein Lehrverhältnis während deiner Lehrzeit abbrechen willst (egal ob im ersten, zweiten, dritten oder vierten Lehrjahr) einen Grund nennen.
Folgende Gründe kommen für die WKO für die vorzeitige Auflösung deines Lehrverhältnisses in Frage:
Gesundheitliche Gründe
Mobbing, Misshandlungen oder Ähnliches von dem Lehrberechtigten
Inhaftierung des Lehrberechtigten (für mehr als einen Monat)
Lehrberechtigter erfüllt nicht die Pflichten des Lehrvertrages
Notwendige Mitarbeit im elterlichen Betrieb
Umzug oder Übersiedlung des Lehrberechtigten oder des Lehrbetriebs
Du kannst dein Lehrverhältnis auch einvernehmlich brechen und musst in dem Fall keine Gründe nennen. Eine einvernehmliche Auflösung des Lehrverhältnisses bedeutet, dass sowohl du als auch dein Lehrberechtigter einer Auflösung des Lehrvertrags zustimmt. In diesem Fall musst du keinen Grund für den Abbruch nennen, die Auflösung muss aber trotzdem schriftlich erfolgen. Bevor du deine schriftliche Auflösung vollziehen kannst, musst du dich erst von dem Arbeits- und Sozialgericht oder einer Kammer für Arbeiter und Angestellte über den Kündigungsschutz beraten lassen, um deine Rechte und Pflichten zu kennen.
#hokifyexpertentipp: Du brauchst zusätzlich zu deiner schriftlichen Auflösung eine schriftliche Bescheinigung, die bestätigt, dass du von einer Kammer oder einem Gericht beraten wurdest.
Lehrabbruch - Plan B und Alternativen
Egal aus welchem Grund du aufhören möchtest, wichtig ist es, dass du dir vor der Auflösung schon ein Plan B überlegst oder zumindest weißt welche Optionen du danach hast.
Zwischen folgenden 5 Möglichkeiten kannst du wählen:
Verwandte Lehrberufe
Andere Lehre starten
Schule besuchen (AHS,BMS, BHS, …)
Kurzausbildung und Spezialausbildungen
Arbeiten
Du solltest deine Lehre nicht abbrechen, wenn du nicht zumindest schon Vorstellungen oder Ideen hast, was du stattdessen machen willst. Überlege dir, welche dieser fünf Optionen für dich in Frage kommt und welche nächsten Schritte du machen musst. Wir zeigen dir auch kurz, was du bei den einzelnen Optionen bedenken musst.
1. Verwandte Lehrberufe
Diese Option ist die wahrscheinlich Leichteste, da du dir viel anrechnen kannst und du dich schon mit dem Lehrbereich auskennst. Entscheide zuerst, welchen verwandten Lehrberuf du ausüben möchtest und informiere dich über diesen. Frage auch bei deiner Berufsschule oder deinem Lehrbetrieb nach und hole dir Ratschläge, wie du am besten in einen verwandten Lehrberuf wechseln kannst. Musst du Anmeldefristen beachten und wie sieht die Lehrlingsbewerbung dafür aus? Vielleicht kannst du sogar im gleichen Betrieb bleiben?
2. Andere Lehre starten
Wieder zurück an den Anfang und eine andere neue Lehre starten, klingt wie eine gute Alternative für dich? Dann erkundige dich, welche anderen Lehren es gibt und welche davon du gerne machen möchtest. Unser hokify Quiz kann dir bei der Entscheidung helfen: Finde heraus, welche Lehre am besten zu dir passt!
Wenn du dich auf ein paar Lehren eingegrenzt hast, solltest du dich nochmal über alle im Detail informieren und vergleichen, ob diese Lehren sich von deiner jetzigen Ausbildung unterscheiden. Achte auch hier auf die Anmeldefristen und Voraussetzungen für die Bewerbung!
3. Schule
Während der Berufsschule hast du gemerkt, dass dir der theoretische Teil der Lehre doch mehr gefällt und du gerne mehr darüber erfahren möchtest? Dann bietet es sich an, dich nach der Auflösung deines Lehrverhältnisses wieder für eine Schule zu bewerben. Um dich für eine Schule anzumelden, ist es wichtig, dass du die Schulpflicht positiv abgeschlossen hast. Zwischen welchen Schulformen du nach der Schulpflicht wählen kannst, erfährst du hier!
4. Kurzausbildungen und Spezialausbildungen
Hat dir ein bestimmter Teil der Lehre besonders gut gefallen, aber der Rest nicht so? Vielleicht gibt es ja eine Kurz- oder Spezialausbildung, die du machen kannst, um dich in einem Gebiet zu vertiefen. Hattest du beispielsweise eine Lehre im gesundheitlichen Bereich oder im Pflegebereich, gibt es viele Spezialausbildungen, die sich auf einen bestimmten Aspekt davon fokussieren, wie zum Beispiel als Pflegeassistentin. Viele Kurz- und Spezialausbildungen haben aber eine Altersbeschränkung - du musst zum Beispiel für eine Rettungssanitäter Ausbildung bereits 17 sein. Informiere dich daher vorher über die Voraussetzungen und Anforderungen für die Kurzausbildung deiner Wahl!
5. Arbeiten
Die Wahl nach deinem Lehrabbruch zu arbeiten, solltest du nur dann in Erwägung ziehen, wenn du schon konkrete Zusagen oder Pläne hast. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du in deinem elterlichen Betrieb arbeiten kannst oder du schon Zusagen auf deine Bewerbungen erhalten hast. Ohne konkrete Vorstellungen und Pläne ist es aber meist schwer, einen fixen Job zu finden, ohne die abgeschlossene Ausbildung dafür zu haben.
Ausbildungsplicht bis 18
In Österreich herrscht eine Ausbildungspflicht bis zum 18ten Lebensjahr. Diese soll sicherstellen, dass Jugendliche eine Ausbildung haben, die ihnen bessere Chancen für die Zukunft und die Arbeitswelt bietet und Jugendarbeitslosigkeit vermeidet. Das bedeutet, solange du nicht 18 bist, musst du entweder einen Lehrberuf ausüben, eine Schule besuchen oder eine andere Art der Ausbildung machen. Das solltest du im Hinterkopf behalten, wenn du mit dem Gedanken spielst, deine Lehre abzubrechen.
Lehrabschluss nachholen
Wenn du deine Meinung änderst und Jahre später doch noch deine Lehre fortsetzen möchtest, kannst du deinen Lehrabschluss nachholen. Die Voraussetzung dafür ist, dass du mindestens die Hälfte deiner Lehrzeit absolviert hast, du dein Lehrverhältnis aufgelöst hast oder keine neue Lehrstelle findest.
Das Nachholen der Lehrabschlussprüfung ist nur ab dem Zeitpunkt möglich, an dem du dein reguläres Lehrverhältnis abgeschlossen hättest. Das bedeutet, wenn du eine dreijährige Lehre im zweiten Lehrjahr abgebrochen hast, kannst du die Lehrabschlussprüfung erst nachholen, nachdem die vollen drei Jahre, in denen du deine Lehre normal absolviert hättest, vorbei gegangen sind. Du könntest also nicht schon zwei Monate nach deinem zweiten Lehrjahr die Lehrabschlussprüfung nachholen.
Fazit
Vor einem endgültigen Lehrabbruch solltest du dir genug Zeit nehmen und dir überlegen, ob ein Lehrabbruch die richtige Entscheidung für dich ist, da ein Abbruch eine große Veränderung in deinem Leben darstellt. Hole dir Hilfe und Ratschläge von den verschiedenen Institutionen und Initiativen wie dem Jugendcoaching und überlege dir konkrete Pläne und Alternativen. Wichtig ist, dass du deine Entscheidung nicht übereilt triffst und dir über alle Folgen bewusst bist!