Jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin hat Rechtsanspruch auf Karenz, was bedeutet, dass diese:r freigestellt werden kann und trotzdem Gehalt erhält. Auch wenn es unterschiedliche Formen der Karenz, wie die Bildungskarenz, gibt, ist umgangssprachlich meist die Elternkarenz gemeint, wenn von Karenz gesprochen wird. Hier sind die wichtigsten Fragen zur Elternkarenz für dich im Überblick:
Welche Arten von Karenz gibt es?
In Österreich gibt es zwei Formen der Elternkarenz, die sich durch das Kinderbetreuungsgeld unterscheiden. Eltern können je nach ihrer Lebenssituation selbst zwischen den zwei Systemen des Kinderbetreuungsgeldes auswählen, wobei die Variante nur unter bestimmten Voraussetzungen im Nachhinein geändert werden kann. Das gewählte System ist auch für das zweite Elternteil bindend.
1. Pauschales Kinderbetreuungsgeld
Das pauschale Kinderbetreuungsgeld steht allen Eltern in Österreich zu - egal, ob sie vor der Geburt des Kindes erwerbstätig sind oder nicht. Das pauschale Kinderbetreuungsgeld wird auch Kinderbetreuungsgeld-Konto genannt und ist besonders für sozial schwächere Familien gedacht, die beispielsweise vor der Geburt des Kindes Arbeitslosengeld beziehen. Es gibt einen fixen täglichen Wert, welcher zwischen 15.38€ und 35.85€ liegt und sich nach der Bezugsdauer richtet. Wenn nur ein Elternteil Karenz in Anspruch nimmt, ist die Bezugsdauer zwischen 365 und 851 Tage ab der Geburt des Kindes. Nehmen beide Elternteile Karenz in Anspruch, beträgt die Bezugsdauer 456 bis 1.063 Tage ab der Geburt des Kindes. Dabei muss jedes Elternteil mindestens 61 Tage in Karenz sein.
#hokifyerklärt: Lisa ist alleinerziehend und geht in Karenz für ihr neugeborenes Kind. Da Lisa die letzten Monate nicht erwerbstätig war und Arbeitslosengeld bezogen hat, kommt das pauschale Kinderbetreuungsgeld für sie in Frage. Sie kann für 365 bis 851 Tage Kinderbetreuungsgeld erhalten und erhält, je nachdem für wie viele Tage sie schlussendlich in Karenz geht, zwischen 15.38€ und 35.85€ pro Tag.
2. Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld
Um das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld erhalten zu können, muss der antragstellende Elternteil in den letzten 182 Kalendertagen vor der Geburt des Kindes in Österreich erwerbstätig gewesen sein. Außerdem dürfen in dieser Zeit keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen worden sein. Die Ausnahme stellen Unterbrechungen von höchstens 14 Tagen dar. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld erhält man bei Inanspruchnahme von einem Elternteil höchstens 365 Tage und bei Inanspruchnahme von beiden Elternteilen höchstens 426 Tage ab der Geburt des Kindes. Beziehen beide Elternteile Kinderbetreuungsgeld, darf ein Elternteil maximal 365 Tage Kinderbetreuungsgeld beziehen. Die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes beträgt 80 Prozent der (Netto-) Letzteinkünfte, muss aber mindestens 69.83€ pro Tag betragen. Die endgültige Berechnung erstellt die Krankenkasse.
#hokifyerklärt: Ayesha hat vor der Geburt ihres Kindes als Einzelhandelsverkäuferin gearbeitet und geht direkt nachdem Mutterschutz in Karenz. Sie nutzt den vollen Anspruch der Karenz aus und geht 365 Tage in Karenz. Während dieser Zeit erhält sie 80% ihres letzten (Netto-) Monatsgehaltes.
Wie lange ist die Karenz?
Je nachdem, ob man sich für das pauschale oder einkommensabhängige Karenzmodell entscheidet, variiert die Dauer der Karenz. Grundsätzlich gilt:
Modell | Dauer |
Pauschales Kinderbetreuungsgeld & Inanspruchnahme durch einen Elternteil | 365 bis 851 Tage ab der Geburt des Kindes |
Pauschales Kinderbetreuungsgeld & Inanspruchnahme durch beide Elternteile | 456 Tage bis 1.063 Tage ab der Geburt des Kindes |
Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld & Inanspruchnahme durch einen Elternteil | Höchstens 365 Tage ab der Geburt des Kindes |
Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld & Inanspruchnahme durch beide Elternteile | Höchstens 426 Tage ab der Geburt des Kindes. Ein Elternteil darf aber maximal 365 Tage Kinderbetreuungsgeld beziehen. |
Wann beginnt die Karenz?
Die Karenz beginnt mit dem Ende des Mutterschutzes. Der Mutterschutz beginnt 8 Wochen vor der Geburt des Kindes und endet 8 Wochen nach der Geburt des Kindes. Das heißt, die Karenz startet frühestens 8 Wochen nach der Geburt des Kindes.
Wie viel Karenzgeld erhält man?
Während der Karenz erhält man Kinderbetreuungsgeld, was umgangssprachlich oft auch nur Karenzgeld genannt wird. Je nachdem, ob es sich um das pauschale oder einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld handelt, ist der Betrag des Karenzgeldes unterschiedlich hoch. Beim pauschalen Kinderbetreuungsgeld stehen dir je nach Dauer der Karenz täglich zwischen 15.38€ und 35.85€ zu. Beziehst du einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld, stehen dir ca. 80% deines (Netto-) Letztgehaltes pro Monat bzw. maximal 69.93€ pro Tag zu.
Wie lange ist der Kündigungsschutz nach der Karenz?
Während der Karenz besteht Kündigungs- und Entlassungsschutz, das heißt, deine Arbeitgeberin darf während dieser Zeit keine Kündigung oder Entlassung aussprechen. Nimmt die Mutter Elternkarenz direkt nach Ende des Mutterschutzes, so läuft der Kündigungs- und Entlassungsschutz problemlos weiter. Wenn der Vater unmittelbar nach dem Ende der Schutzfrist der Mutter Elternkarenz oder Elternteilzeit in Anspruch nimmt, beginnt der Kündigungs- und Entlassungsschutz mit der Meldung, jedoch nicht vor der Geburt des Kindes. In allen anderen Situationen beginnt der Kündigungs- und Entlassungsschutz mit der Bekanntgabe der Karenz, jedoch frühestens vier Monate vor Beginn der Elternkarenz oder Elternteilzeit.
Der Kündigungs- und Entlassungsschutz erlischt vier Wochen nach Beendigung der Elternkarenz oder nach Beendigung der Elternteilzeit. Falls die Teilzeit jedoch über den vierten Geburtstag des Kindes hinaus andauert, endet der Kündigungs- und Entlassungsschutz vier Wochen nach dem vierten Geburtstag.
Kann die Elternkarenz verlängert werden?
Die Elternkarenz kann höchstens bis zum zweiten Geburtstag des Kindes verlängert werden. Die Arbeitgeberin muss jedoch spätestens 3 Monate vor Ende der gemeldeten Karenz darüber informiert werden. In dieser Meldung muss der gewünschte Verlängerungszeitraum enthalten sein.
Darf der Arbeitgeber meine Karenz ablehnen?
Nein. Auf Karenz besteht ein Rechtsanspruch, daher darf deine Arbeitgeberin diese nicht verweigern. Lehnt deine Arbeitgeberin diese ab, musst du das bei der Arbeiterkammer melden.
Können beide Elternteile gleichzeitig auf Karenz?
Nein. Beide Elternteile dürfen nicht gleichzeitig für dasselbe Kind Karenz nehmen. Man kann nur abwechselnd auf Karenz und das höchstens drei Mal. Die einzige Ausnahme ist der erstmalige Wechsel der Betreuungsperson: Nur in diesem Fall können die Eltern gleichzeitig 1 Monat Karenz in Anspruch nehmen. Falls man sich dazu entscheidet, die Karenz zwischen den beiden Elternteilen aufzuteilen, müssen beide Arbeitgeber schriftlich im Vorhinein darüber informiert werden.
#hokifyerklärt: Sophie und Amit sind gerade Eltern geworden. Sie entscheiden sich, dass Sophie die erste Karenzphase übernehmen wird. Sie nimmt die ersten 4 Monate Elternkarenz in Anspruch, um sich um ihr Baby zu kümmern. Nach diesen 4 Monaten beschließen sie, die Betreuung zu teilen. Beim erstmaligen Wechsel der Betreuungsperson können beide Eltern gleichzeitig 1 Monat Karenz in Anspruch nehmen. In diesem Monat teilen sie sich die Betreuung und kümmern sich abwechselnd um das Kind. Nach dem gemeinsamen Monat der Karenz übernimmt Amit die Betreuung des Kindes für die nächsten 3 Monate, während Sophie wieder arbeiten geht. Anschließend wechseln sie erneut, und Sophie nimmt die Betreuung für 3 Monate auf sich, während Amit arbeitet. Mit diesem letzten Wechsel endet die Karenz für beide.
Fazit
Je nachdem, ob es sich um das pauschale oder einkommensabhängige Karenzmodell handelt, gibt es klare Unterschiede von Karenzdauer und Kinderbetreuungsgeld. Als Arbeitnehmerin hast du einen Rechtsanspruch auf Karenz, der dir nicht verwehrt werden darf - jedoch können nicht beide Elternteile gleichzeitig in Karenz gehen, sondern können sich nur abwechseln.