Ist ein Familienmitglied, zum Beispiel das eigene Kind, krank und muss gepflegt werden, kann Pflegefreistellung genommen werden. Umgangssprachlich auch Pflegeurlaub genannt, ist Pflegefreistellung eine Form von Sonderurlaub, die das Fernbleiben der Arbeit zur Pflege eines Familienmitglieds ermöglicht. Wer hat wie viel Anspruch auf Pflegeurlaub? Und für wen darfst du Pflegeurlaub nehmen? Wir haben alle Antworten und Dinge, auf die du achten solltest, wenn du Pflegeurlaub beantragen musst!
Was ist Pflegeurlaub?
Pflegeurlaub, auch Pflegefreistellung, ermöglicht es dir, von der Arbeit fernzubleiben, wenn du Angehörige pflegen musst, wobei du weiterhin bezahlt wirst. Wird also ein Familienmitglied oder eine Person im gemeinsamen Haushalt krank und braucht Pflege, kannst du von der Arbeit fernbleiben und wirst weiterhin bezahlt. Das ist kein Urlaub, sondern eine “Dienstverhinderung aus wichtigen persönlichen Gründen mit Entgeltfortzahlung” (also Sonderurlaub) und wird dementsprechend nicht von deinem Urlaubsguthaben abgezogen.
#hokifyexpertentipp: Als Angehörige gelten die folgenden Personen:
Leibliche Kinder / Pflegekinder / Adoptivkinder / Stiefkinder
Eltern, Großeltern und Urgroßeltern
Ehepartner / eingetragener Lebenspartner / Lebensgefährten
Enkel und Urenkel
Kinder von im Haushalt lebenden Partnerinnen / Lebensgefährtinnen / Lebenspartnerinnen
Anspruch auf Pflegeurlaub
Als Arbeitnehmerin hast du Anspruch auf eine Woche Pflegefreistellung im Jahr. Diese kann auch stundenweise aufgebraucht werden. Streng genommen hast du also Anspruch auf Pflegefreistellung im Ausmaß deiner Wochenstunden pro Jahr. Arbeitest du zum Beispiel 40 Stunden pro Woche, hast du Anspruch auf 40 Stunden bezahlten Pflegeurlaub im Jahr. Wenn du 15 Stunden pro Woche arbeitest, hast du auch Anspruch auf 15 Stunden bezahlten Pflegeurlaub im Jahr. Diesen kannst du wochen-, tage- oder stundenweise in Anspruch nehmen, je nachdem wie es gebraucht wird. Dieser Anspruch besteht sofort - im Gegensatz zu Urlaub hast du also schon vom ersten Tag deines Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf Pflegefreistellung.
#hokifyexpertentipp: Diesen Anspruch haben alle Arbeitnehmerinnen. Arbeitnehmerinnen, die Kinder haben, die jünger als 12 Jahre alt sind, haben zusätzlich Anspruch auf eine weitere Woche Pflegeurlaub im Jahr.
Pflegeurlaub beantragen
Generell gilt, dass du alles versucht haben musst, um den Dienstausfall zu verhindern. Kann eine andere Person (Partner, andere (volljährige!) Familienmitglieder, Mitbewohner etc.) die Pflege übernehmen, sollte die Situation so gelöst werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass keine externe Person (z.B. Heimhilfe, Nanny, Pflegepersonal etc.) gegen Bezahlung zur Hilfe gezogen wird, sondern Angehörige selbst gepflegt werden. Nur wenn es nicht möglich ist, dass jemand anderes aus der Familie zu Hause die kranke Person pflegt, kannst du dir Pflegeurlaub nehmen. Diesen musst du nicht in irgendeiner speziellen Form beantragen, du solltest deiner Arbeitgeberin aber so schnell wie möglich Bescheid geben - im besten Fall schriftlich, z.B. per E-Mail. Weißt du also beispielsweise schon im Voraus, dass du am nächsten Tag Pflegefreistellung brauchst, weil heute deine Partnerin zu Hause bei deinem kranken Kind ist und morgen du dran bist, solltest du schon heute Bescheid geben. Ist absehbar, dass der Pflegeurlaub länger dauert, solltest du dich außerdem um eine Vertretung kümmern. Verlangt deine Arbeitgeberin eine ärztliche Bestätigung für den Pflegeurlaub, muss sie auch etwaige dafür anfallende Kosten übernehmen.
#hokifyexpertentipp: Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine plötzlich auftretende Krankheit oder eine chronische Erkrankung handelt. Für den Pflegeurlaub ist nur relevant, ob eine Pflegebedürftigkeit gegeben ist oder nicht. Ist eine erwachsene Person an der Grippe erkrankt, wird sie sich vermutlich selbst zu Hause pflegen können und braucht keine extra Betreuungsperson.
Pflegeurlaub bei Eltern / Kindern
Eltern von Kindern unter 12 Jahren haben Anspruch auf eine zusätzliche Woche Pflegeurlaub im Jahr, unabhängig davon, ob das Kind im eigenen Haushalt wohnt oder nicht. Damit haben Eltern gemeinsam Anspruch auf bis zu 4 Wochen Pflegefreistellung im Jahr, wenn das Kind jünger als 12 Jahre alt ist. Das schließt auch Eltern von Wahl-, Pflege-, Adoptiv- oder Stiefkindern mit ein. In allen anderen Fällen (z.B. bei leiblichen Kindern deiner Partnerin) hast du nur dann Anspruch auf Pflegeurlaub, wenn du mit der Partnerin und ihrem Kind in einem gemeinsamen Haushalt lebst. Ist der Anspruch auf Pflegeurlaub aufgebraucht, kann für die Pflege eines Kindes unter 12 Jahren auch ohne vorherige Vereinbarung Urlaub genommen werden, sofern du noch offene Urlaubstage hast.
#hokifyexpertentipp: Haben beide Elternteile Anspruch auf Pflegefreistellung, können sie selbst entscheiden, wer zu Hause beim Kind bleibt. Es hat jedoch immer nur eine Person Anspruch auf Pflegefreistellung, nicht beide gleichzeitig.
Betreuungsfreistellung
Du hast auch Anspruch auf Pflegefreistellung, wenn die Person, die dein(e) Kind(er) normalerweise betreut während du bei der Arbeit bist, aus einem wichtigen persönlichen Grund kurzfristig ausgefallen ist. Ist beispielsweise der Großvater, der sich normalerweise nachmittags um das Kind kümmert, krank oder hatte einen Unfall, kannst du einen Nachmittag Pflegefreistellung nutzen, um dein Kind zu betreuen. Gründe, die dafür in Frage kommen, sind Erkrankungen, Unfälle, kurzfristige Krankenhausaufenthalte, Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder Tod.
Begleitfreistellung
Muss das eigene Kind ins Krankenhaus und ist jünger als 10 Jahre, haben Eltern ebenfalls Anspruch auf Pflegefreistellung, um das Kind zu begleiten. Ist es für das medizinische Wohl des Kindes unbedingt erforderlich, dass es begleitet wird (z.B. aufgrund psychischer Probleme) kann dies auch für ältere Kinder gelten. Das gilt in jedem Fall für leibliche Kinder, aber auch für Kinder von deinem Ehepartner/eingetragenen Partner/Lebensgefährten, wenn ihr beide mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt.
#hokifyexpertentipp: Sollte der Pflegeurlaub nicht ausreichen oder ein anderer unvorhergesehener Vorfall eintreten, kannst du mit deiner Arbeitgeberin auch über unbezahlten Urlaub reden. In diesem Fall bist du von der Arbeit freigestellt, bekommst aber auch keine Entgeltfortzahlung.
Fazit
Pflegefreistellung ermöglicht es Arbeitnehmern, sich um kranke und pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, ohne dadurch finanziellen Schaden davonzutragen. Besonders Eltern haben so die Möglichkeit, sich um erkrankte Kinder zu kümmern, ohne Urlaub nehmen zu müssen. Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine Woche Pflegefreistellung im Jahr, die wochen-, tage- oder stundenweise aufgebraucht werden kann. Eltern von Kindern unter 12 Jahren haben Anspruch auf eine zusätzliche Woche. Pflegeurlaub muss so schnell wie möglich an die Arbeitgeberin gemeldet werden und darf nur genommen werden, wenn es keine andere Möglichkeit zur Betreuung und Pflege der Angehörigen gibt, wobei davon ausgegangen wird, dass die Pflege nicht an Dritte (z.B. Krankenpflegepersonal) übergeben wird.