Bereitschaftsdienst: Rufbereitschaft und Arbeitsbereitschaft

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Aktualisiert: 15.04.2024 Lesedauer: ca 4min

Rettungsdienst auf dem Weg zu einem Notfall

Bereitschaftsdienste sind Arbeitsdienste, in denen nicht durchgängig gearbeitet wird, die Arbeitnehmerin aber jederzeit erreichbar oder verfügbar ist. Das ist in manchen Branchen notwendig, um auf Einsätze und Notfälle reagieren zu können - allem voran bei Einsatzorganisationen und im Gesundheitswesen, aber oft auch bei technischen Berufen, Service-Berufen oder im Wartungsbereich. Dabei gibt es einiges zu beachten: Je nach Art der Bereitschaft handelt es sich um Rufbereitschaft oder Arbeitsbereitschaft, was wiederum beeinflusst, was deine Rechte und Pflichten bezüglich Arbeitszeit, Bezahlung und Aufenthaltsort sind. Hier kommen alle Infos zu Rufbereitschaft und Arbeitsbereitschaft auf einen Blick! 

Bei Rufbereitschaft musst du zwar erreichbar sein, darfst dich aber an einem Ort deiner Wahl aufhalten. Rufbereitschaft zählt nicht zur Arbeitszeit. Bei Arbeitsbereitschaft darf deine Arbeitnehmerin festlegen, wo du dich aufhälst (meist der Arbeitsplatz) und die Zeit zählt als Arbeitszeit.
Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit und wird dementsprechend anders vergütet. Ob es sich dabei um die Pauschale handelt oder ihr gemeinsam einen höheren Betrag definiert, ist verhandelbar.
Ja, außer du bist durch deinen Arbeitsvertrag, den gültigen Kollektivvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dazu verpflichtet.

Rufbereitschaft 

Rufbereitschaft bedeutet, dass du in deiner Freizeit für deine Arbeitgeberin erreichbar und im Falle des Falles einsatzbereit bist. Du kannst dabei jedoch deinen Aufenthaltsort und deine Tätigkeit frei wählen und musst nicht am Arbeitsort anwesend sein. Dabei sollten die Rahmenbedingungen (Zeitrahmen, Entlohnung etc.) vorab klar definiert und im besten Fall schriftlich festgehalten werden.
Rufbereitschaft zählt nicht zur Arbeitszeit und kann dementsprechend auch anders vergütet werden, als normale Arbeitszeit. Nur wenn du in deiner Freizeitgestaltung extrem eingeschränkt bist (weil du z.B. das Haus nicht verlassen kannst, während du Rufbereitschaft hast) kann die Zeit als Arbeitszeit gewertet werden, das ist jedoch im Einzelfall zu beurteilen.
Rufbereitschaft darf nur für maximal 10 Tage pro Monat bzw. laut Kollektivvertrag für 30 Tage binnen 3 Monaten geleistet werden. Zusätzlich darf Rufbereitschaft nur während zwei deiner wöchentlichen Ruhezeiten pro Monat vereinbart werden. Du darfst also z.B. bei einer “normalen” Mo-Fr Arbeitswoche nicht an allen Wochenenden Rufbereitschaft leisten, sondern nur an zwei davon. 

Bezahlung bei Rufbereitschaft

Nachdem Rufbereitschaft keine Arbeitszeit ist, kann auch eine niedrigere Entlohnung vereinbart werden. Die Pauschale für Rufbereitschaft beträgt 3,91€ pro Stunde. In vielen Branchen gibt der Kollektivvertrag höhere Pauschalen für Wochenend- oder Nachtbereitschaften vor, zum Beispiel der IT-Kollektivvertrag. Wurde nicht vorab vereinbart, wie viel Vergütung du für die Rufbereitschaft bekommst und gibt es keine kollektivvertragliche Regelung, steht dir die ortsübliche Bezahlung für Rufbereitschaft zu. Nachdem diese jedoch eher schwer zu ermitteln ist, empfiehlt es sich, alle Rahmenbedingungen vorab in einem Vertrag festzuhalten. Hast du einen Einsatz oder beginnst während deiner Rufbereitschaft zu arbeiten, zählt das als Arbeitszeit und muss dementsprechend wie Normalarbeitszeit oder Mehr- bzw. Überstunden vergütet werden. 

Arbeitsbereitschaft 

Bei Arbeitsbereitschaft musst du zwar keine unmittelbare Arbeit verrichten, du musst dich aber an einem bestimmten Ort aufhalten (z.B. deinem Arbeitsplatz) und jederzeit bereit sein, deine Arbeit aufzunehmen. Den Aufenthaltsort kann deine Arbeitgeberin bestimmen, in den meisten Fällen handelt es sich um deinen normalen Arbeitsplatz. Arbeitsbereitschaft zählt zur Arbeitszeit und muss auch als solche entlohnt werden. In den meisten Fällen ist Schlafen während dieser Zeit nicht gestattet, das kann jedoch von Arbeitgeber zu Arbeitgeber variieren. Erkundige dich deshalb vorab, welche Regeln für die Arbeitsbereitschaft gelten. 

#hokifyexpertentipp: Arbeitsbereitschaft kann auch in der Nacht stattfinden. Hast du beispielsweise Nachtdienst, kann es auch sein, dass ein Teil der Zeit aus Arbeitsbereitschaft besteht. Musst du aber beispielsweise während deiner Arbeitsbereitschaft etwas beobachten oder auf etwas aufpassen, handelt es sich um Arbeit und nicht mehr um Bereitschaft. 

Arbeitszeitverlängerung bei Arbeitsbereitschaft 

Besteht ein Großteil deiner Arbeitszeit aus Arbeitsbereitschaft, kann die tägliche Normalarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden bzw. 60 Wochenstunden verlängert werden. Um die Arbeitszeit bei Arbeitsbereitschaft zu verlängern, müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden: 

  • Die Arbeitszeitverlängerung muss durch den Kollektivvertrag zugelassen oder reguliert sein. Gibt es keinen KV, kann eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden, ist auch das nicht möglich, kann ein Antrag an das Arbeitsinspektorat gestellt werden. 

  • Arbeitsbereitschaft muss regelmäßig und in erheblichem Umfang (mindestens zu einem Drittel) in deine normale Arbeitszeit fallen. Es ist also nicht möglich, durch Arbeitsbereitschaft die Normalarbeitszeit nur “aufzustocken”, sondern mindestens ein Drittel der Arbeitsbereitschaft muss in deine Arbeitszeit fallen. 

Bezahlung bei Arbeitsbereitschaft 

Nachdem die Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit zählt, wird sie wie normale Arbeitszeit vergütet. Du bekommst also auch bei Arbeitsbereitschaft dein normales Gehalt oder deinen Lohn. Hast du in der Nacht Arbeitsbereitschaft, ist das auch als normale Nachtarbeitszeit zu werten. 

Bereitschaft ablehnen 

Grundsätzlich bist du nicht dazu verpflichtet, Ruf- oder Arbeitsbereitschaft zu leisten. Hast du keine Vereinbarung zu Bereitschaftsdiensten in deinem Arbeits- oder Kollektivvertrag und gibt es keine Betriebsvereinbarung dazu, kannst du Bereitschaftsdienste also ablehnen. 

Beinhaltet dein Arbeits- oder Kollektivvertrag jedoch eine Klausel, in der Ruf- oder Arbeitsbereitschaft vereinbart wird, musst du dieser auch nachkommen. Würdest du ablehnen, kommt das einer Dienstverweigerung gleich. Hast du bereits zu viele Bereitschaftsdienste geleistet (je nach KV, ansonsten 10 Rufbereitschaftsdienste im Monat), kannst du den Bereitschaftsdienst jedoch auch ablehnen, außer es gibt laut KV oder Arbeitsvertrag andere Regelungen. 

Fazit 

Bereitschaftsdienste unterscheiden sich in Rufbereitschaft und Arbeitsbereitschaft. Bei Rufbereitschaft kannst du deinen Ort frei wählen, sie zählt jedoch nicht zur Arbeitszeit und wird dementsprechend mit weniger Gehalt abgegolten. Arbeitsbereitschaft muss an einem vom Arbeitgeber gewählten Ort geleistet werden (meist der Betrieb), zählt demnach zur Arbeitszeit und wird auch so vergütet. Besteht eine vertragliche Verpflichtung durch deinen Arbeits- oder Kollektivvertrag, kannst du Bereitschaftsdienste nicht ablehnen.

Julia ist gut darin, die Schwerkraft auszutricksen und schlecht darin, den Weg ohne Google Maps zu finden. Ihre Leidenschaft für Sprache und hat sie über die Tourismusindustrie zur Kommunikationsbranche geführt, wo sie ein Masterstudium in Digital Marketing und Kommunikation absolviert hat. In den hokify Karriere-Tipps versorgt sie dich regelmäßig mit den wichtigsten Tipps, Tricks und Infos rund um den Arbeitsalltag (inklusive dessen rechtlichen Regelungen) und den Arbeitsmarkt, damit du hoffentlich informierter in dein Berufsleben startest, als sie es anfangs war.

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung von männlichen und weiblichen Sprachformen verzichtet. Alle Personenbezeichnungen sind demnach geschlechtsneutral zu verstehen.

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