Das Praktikum ist für viele der erste Schritt in den Arbeitsalltag und kann anfangs viele Fragen aufwerfen. Wird man im Praktikum bezahlt? Sind unbezahlte Praktika erlaubt? Und wieso gibt es überhaupt unbezahlte Praktika? Wir erklären dir, was der Unterschied zwischen einem bezahlten und unbezahlten Praktikum ist und wie sich das auf deinen Urlaubsanspruch, Familienbeihilfe, Studienbeihilfe und deinen Vertrag auswirkt!
Ausbildungsverhältnis vs. Arbeitsverhältnis
Der erste große Faktor, welcher entscheidend dafür ist, ob dein Praktikum bezahlt oder unbezahlt ist, hängt von der Unterscheidung zwischen einem Ausbildungsverhältnis und einem Arbeitsverhältnis ab.
Ausbildungsverhältnis
Bei einem Ausbildungsverhältnis steht dein Lern- und Ausbildungszweck im Fokus. Das bedeutet, das Praktikum soll deine Kenntnisse und Fähigkeiten im Bezug auf deine Ausbildung stärken. Deine Aufgaben und Tätigkeiten sind daher für den Betrieb nicht wesentlich, sondern fokussieren sich eher darauf, dass du Neues lernst und besser auf deine Ausbildung vorbereitet wirst. Bei einem Ausbildungsverhältnis hast du keinen gesetzlichen Anspruch auf Gehalt, Urlaub oder Entgeltfortzahlungen bei Krankheit.
Arbeitsverhältnis
Wenn du jedoch Arbeitsleistungen erbringen musst, die für das Unternehmen notwendig sind und das Unternehmen eine sogenannte “persönliche Abhängigkeit” hat, spricht man von einem Arbeitsverhältnis. Daher steht dir im Gegenzug zu deiner Arbeitsleistung ein Entgelt zu. Da es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, gelten auch alle arbeitsrechtlichen Vorschriften laut dem Kollektivvertrag. Dein Anspruch auf Urlaub, Sonderzahlungen, Krankenstand etc. sind also dem Kollektivvertrag entsprechend.
Arten des Praktikums
Einheitliche Regeln zum Praktikum, die für alle Praktika gelten, gibt es nicht, da es stark davon abhängt welche Art des Praktikums du in welchem Unternehmen machst. Einerseits ist es erst wichtig, zu unterscheiden welche Art des Praktikums du machst und ob du dadurch in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis stehst. In Österreich gibt es keinen Mindestlohn für ein Praktikum, daher muss es nicht zwingend bezahlt werden. Diese vier Arten des Praktikums sind in Österreich üblich:
Pflichtpraktikum
Volontariat
Praktika nach einem Hochschulabschluss
Ferialarbeitsverhältnisse
1. Pflichtpraktikum
Ein Pflichtpraktikum wird von deiner Schule, FH, Universität oder anderen Ausbildungseinrichtung vorgegeben und ist ein fixer Bestandteil deines Lehrplans. Oft hast du in Universitäten oder FHs sogar ein ganzes Semester, welches sich nur dem Praktikum widmet. Ein Pflichtpraktikum kann sowohl ein Ausbildungsverhältnis als auch ein Arbeitsverhältnis sein. Was zutrifft hängt von deinen Aufgaben und deinem Vertrag ab.
#hokifyerklärt: Achte immer darauf, dass du einen schriftlichen Vertrag hast und diesen auch genau durchliest. In deinem Vertrag muss stehen, welches Verhältnis vorliegt und welche Ansprüche, Rechte und Pflichten du hast. Ein schriftlicher Vertrag ist zu deinem Schutz, deswegen solltest du immer auf einen Vertrag bestehen.
2. Volontariat
Ein Volontariat ist dadurch definiert, dass du dich aus eigenem Interesse und Willen weiterbilden und deine erlernten Kenntnisse praktisch umsetzen und erweitern willst. Daher ist ein Volontariat auch in den meisten Fällen ein Ausbildungsverhältnis und du hast somit keine arbeitsrechtlichen Ansprüche auf Gehalt oder Urlaub. Falls dein Volontariat nicht deine Ausbildung im Vordergrund hat, sondern das Unternehmensinteresse, kann auch ein Arbeitsverhältnis vorliegen - wenn du zum Beispiel wesentliche Aufgaben für das Unternehmen übernimmst. Als Volontärin erhältst du daher meistens kein Gehalt und bist nur unfallversichert. Besonders im Journalismus oder bei Non-Profit Organisationen sind Volontariate üblich.
3. Praktika nach einer Hochschulausbildung
Falls du dich nach einer abgeschlossenen Hochschulausbildung dafür entscheidest, noch ein Praktikum oder sogar mehrere Praktika zu machen, bist du Teil der sogenannten “Generation Praktikum”. Davon spricht man, wenn du nach deiner Ausbildung deine berufliche Karriere mittels eines Praktikums startest. Im Grunde sind Praktika nach einer Hochschulausbildung fast immer Arbeitsverhältnisse, da nicht mehr deine Ausbildung im Fokus steht, oft werden aber auch Volontariate nach einer Hochschulausbildung absolviert, die wiederum auch ein Ausbildungsverhältnis sein können.
4. Ferialarbeitsverhältnisse
Viele Schülerinnen oder Studentinnen machen in den Sommerferien oder Weihnachtsferien Praktika, um entweder mehr Erfahrung zu sammeln oder sich etwas Geld dazu zu verdienen. Da sogenannte Ferienjobs nicht Teil einer Ausbildung sind, sondern primär wegen des Geldes gemacht werden, sind diese fast immer ein Arbeitsverhältnis und müssen daher dementsprechend bezahlt und versichert werden. Fällt das Gehalt unter die Geringfügigkeitsgrenze bist du nur unfallversichert, falls du mehr als die Geringfügigkeitsgrenze verdienst, solltest du voll versichert sein.
Steht mir Gehalt im Praktikum zu?
Jein. Wie du merkst, ist diese Frage nicht so leicht zu beantworten, da es keine allgemeinen Bestimmungen gibt. Im Grunde kannst du aber davon ausgehen, dass du bei einem Arbeitsverhältnis ein Gehalt erhältst, aber bei einem Ausbildungsverhältnis keinen Anspruch darauf hast und diese Praktika daher oft unbezahlt sind.
#hokifyexpertentipp: Auch wenn Ausbildungsverhältnisse oft nicht bezahlt werden, gibt es trotzdem viele Unternehmen, die ihre Praktikantinnen trotzdem bezahlen. Viele Unternehmen regeln das individuell, also kannst du versuchen das Thema Gehaltsverhandlung bei deinem Vorstellungsgespräch anzusprechen. Manchmal werden auch andere Gegenleistungen, wie Wohnraum oder Transport angeboten.
Steht mir Urlaub im Praktikum zu?
Genauso wie beim Gehalt auch, hängt dein Urlaubsanspruch von deinem Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnis ab. Bei einem Arbeitsverhältnis gelten die üblichen Urlaubsbestimmungen laut Kollektivvertrag. Bist du hingegen in einem Ausbildungsverhältnis hast du keine rechtlichen Ansprüche auf Urlaub.
Praktikum und Familienbeihilfe
Steht dir bei einem Praktikum trotzdem Familienbeihilfe zu? Falls du bereits Familienbeihilfe erhältst und du ein unbezahltes Praktikum absolvierst, steht dir problemlos weiterhin Familienbeihilfe zu. Bei einem bezahlten Praktikum ist die Höhe deines Gehaltes wichtig, um weiterhin Familienbeihilfe zu erhalten, darfst du nicht mehr als 15.000€ brutto pro Kalenderjahr dazuverdienen.
Wenn du mehr als 15.000€ brutto in einem Jahr verdienst, musst du auch bereits ausbezahlte Familienbeihilfe von dem Jahr zurückzahlen.
Praktikum und Studienbeihilfe
Damit du auch weiterhin Anspruch auf Studienbeihilfe hast, darfst du nicht mehr als 15.000€ Brutto pro Kalenderjahr verdienen. Dieses Einkommen darf sich aber um mindestens 3.000€ erhöhen, wenn du Unterhaltspflicht für dein Kind oder deine Kinder hast.
Bei einem unbezahlten Praktikum, erhältst du weiterhin Studienbeihilfe, da die Einkommensgrenze nicht überschritten wird.
Praktikum und Versicherung
Falls du als Schülerin oder Studentin ein unbezahltes Praktikum absolvierst, bist du nur unfallversichert gemäß dem allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG). Wenn es sich jedoch um ein bezahltes Praktikum in einem Arbeitsverhältnis handelt, muss dein Arbeitgeber dich zusätzlich bei der zuständigen Krankenversicherung zur Sozialversicherung anmelden.
Fazit
Ob du Anspruch auf ein bezahltes oder unbezahltes Praktikum hast, kannst du meistens von deinem Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnis ableiten. Ausbildungsverhältnisse müssen nicht bezahlt werden, Arbeitsverhältnisse hingegen schon. Schließe immer einen schriftlichen Vertrag ab, der genau erklärt, welches Verhältnis vorliegt!